Die Gottesfurcht(Taqwa), das Schamgefühl (Haya) und die Bedeckung (Tasattur)


Verehrte Muslime!

Allah, Der Allmächtige, ruft uns im edlen Koran wie folgt zu: „Oh ihr Kinder Adams! Wir gaben euch Kleidung, um eure Blöße zu bedecken, und als Prunkgewänder […]."[1]

Dieser Vers informiert uns darüber, dass Allah, Der Allmächtige, uns die Segnungen gegeben hat, die unsere Kleidungsbedürfnisse erfüllen, und dass es unsere Pflicht ist, Ihm dankbar zu sein. Gleichzeitig weist Er darauf hin, dass die Kleidung/das Bedecken eine Notwendigkeit der Schönheit und Anmut ist. Folgendes wird in der Fortsetzung des Verses verkündet: „[…] Aber das Kleid der Gottesfurcht (Taqwa) ist besser. Dies sind die Verse Allahs. Es ist zu hoffen, dass sie nachdenken und sich ermahnen lassen."[2]

Geehrte Muslime!

„Das Kleid der Gottesfurcht/der Frömmigkeit" (Taqwa) ist der Glaube (Iman) und der Anstand (Adab). Das Kleid der Taqwa ist die Erkenntnis, welche Bedeutung die Kleidung hat, die den Körper bedeckt. Das Kleid der Taqwa, ist das Erfahren, welchen wahren Zweck die Bedeckung/Verschleierung hat. Das Kleid der Taqwa ist das Bewusstsein, tugendhaft zu leben, indem man sich von allen möglichen Fehlern fernhält, die dem Körper und der Seele schaden. Da die Bedeckung ein Gebot Allahs ist, müssen wir über ihre Weisheit nachdenken und auf den Rat unseres Schöpfers hören.

Unser Schöpfer hat den Menschen in einer einzigartigen Beschaffenheit/Natur erschaffen. Diese angeborene Beschaffenheit, die wir „Fitrah" nennen, ist bereit, sich dem Guten, Schönen und Nützlichen zuzuwenden. Sie ist eine angeborene Akzeptanz, dass der Körper intim und unantastbar ist und dass Sich-Kleiden korrekt und schön ist. Der Zustand der ersten Menschen, von Adam und seiner Frau, im Paradies ist der größte Beweis dafür. Als sie Allahs Befehl vergaßen und von dem Baum aßen, der ihnen verboten war, offenbarte sich ihnen ihr Schambereich, und sie versuchten, sich in Verlegenheit und Eile mit den Blättern des Paradieses zu bedecken.[3] Der Grund für diese Scham war das Schamgefühl in ihrer Fitrah.

Geschätzte Muslime!

Das Schamgefühl (Haya) ist der Verzicht einer Person, etwas Hässliches zu tun, sich zu schämen, eine Sünde zu begehen. Haya ist die Essenz der islamischen Moral. Haya ist seit den ersten prophetischen Lehren die moralische Einladung an die Menschheit. Eine der größten Weisheiten der Bedeckung (Tasattur) im Islam ist, dass es sowohl gegenüber den Menschen als auch gegenüber Allah eine Notwendigkeit des Schamgefühls ist. Deshalb verkündete unser Prophet (s.a.w.): „Allah ist sanftmütig, Er besitzt Schamgefühl (Haya) und Er verbirgt Fehler. Er liebt Haya und die Bedeckung."[4] Denn Haya ist zu wissen, dass Allah immer bei uns ist und nichts zu tun, was uns vor Ihm beschämen würden. Die Bedeckung (Tasattur) hat also eine göttliche Bedeutung und einen göttlichen Wert. Sie bedeutet, die göttliche Kraft nicht zu vergessen, die den Menschen immer sieht, hört und beschützt.  Tasattur ist wertvoll, weil sie ein Verhalten ist, das Allah liebt, es will und befiehlt. Tasattur darf nicht gering geschätzt oder als anrüchige Wahl dargestellt werden. Weil Tasattur ein Mittel ist, um Allahs Wohlgefallen zu erlangen.

Verehrte Muslime!

Tasattur ist die äußere Widerspiegelung der Entschlossenheit, auf die von Allah und Seinem Gesandten gezeigte Art und Weise zu leben. Wenn wir von Tasattur reden, sprechen wir über ein gemeinsames Konzept, das Männer und Frauen betrifft und eine höchste Tugend ist. Es ist ein schwerer Fehler zu glauben, dass Tasattur nur Frauen betrifft und aus einem Kopftuch besteht. Denn Tasattur ist ein menschliches Prinzip und der Ausdruck des Respekts vor Grenzen. Natürlich gibt es Unterschiede in den vom Islam bestimmten Bedeckungsnormen für Männern und Frauen. Vergessen wir jedoch nicht, dass jeder Gläubige, ob Mann oder Frau, sich mit dem Bewusstsein der Haya bedeckt und mit dieser Würde in der Gesellschaft an Wert gewinnt. Denn laut Islam gewinnt ein Mensch nicht mit seinem Aussehen und Image an Wert, sondern mit seiner Seele und seinem Bewusstsein.[5] Die Schönheit sollte nicht jenseits der Haram- (verbotenen) Grenze gesucht werden, sondern im Halal- (erlaubtem) Kreis.

Geschätzte Muslime!

Im edlen Koran wird verkündet: „Sag den gläubigen Männern, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Keuschheit bewahren. Das ist für sie ein anständigeres Verhalten. Allah ist dessen kundig, was sie tun."[6] Im darauf folgenden Vers wird verkündet: „Sag den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Keuschheit bewahren. Sie sollen nicht ihre Reize zur Schau stellen, außer was (anständigerweise) sichtbar ist, und dass sie ihre Tücher über ihren Busen schlagen  […]." Dass diese beiden Befehle in Abfolge verkündet werden, zeigt, dass Haya und Tasattur sowohl von Männern als auch von Frauen erwartet werden. Jeder Muslim hat nicht nur die Pflicht, seine eigene Würde zu schützen, sondern auch die Intimität anderer Menschen zu respektieren.
Das Wohl gebührt denen, die sich freiwillig dafür entscheiden, mit Haya, Hidschab und Anstand zu leben! Das Wohl gebührt denen, die mit dem Bewusstsein der Dienerschaft zu Allah leben und sowohl in dieser Welt als auch im Jenseits Gewinn erzielen!

Am Ende meiner Predigt wünsche ich den heldenhaften Soldaten der aserbaidschanischen Armee, die bei der Verteidigung ihres Heimatlandes an der Grenze zwischen Aserbaidschan und Armenien den Märtyrertod erlitten haben, Allahs Barmherzigkeit und den Verwundeten eine schnelle Genesung. Mein Beileid gilt dem aserbaidschanischen Volk, das unsere Freunde und Brüder sind.


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[1] Al-A'raf, 7/26.

[2] Al-A'raf, 7/26.

[3] Al-A'raf, 7/19-23.

[4] Nesâî, Gusül, 7

[5] Müslim, Birr, 34

[6] An-Nur, 24/30, 31.

Generaldirektion für religiöse Dienste

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